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| 24.04.2025

Immobilien Berndsen im Interview mit der RP vom März/April

Immobilien Berndsen im Interview mit der RP vom März/April

WESEL Wir sprechen über die aktuelle Situation auf dem Immobilienmarkt

Die Weseler Maklerin Jennifer Berndsen spricht über die aktuelle die Situation auf dem Immobilienmarkt und warum selbst Gutverdiener große Probleme haben, einen Baukredit zu bekommen.

RP Wenn man aufmerksam durch Wesel fährt, stellt man fest, dass sich derzeit kaum ein Baukran dreht. Dabei müsste dringend Wohnraum geschaffen werden. Teilen Sie meinen Eindruck, Frau Berndsen?

BERNDSEN Ja, das ist so. Und es ist auch so, dass vor allem junge Familien beziehungsweise junge Paare, die eine Familie gründen wollen, bauen möchten. Ich kann diese These auch belegen. Laut einer Erhebung des Immobilienverbandes Deutschland wünschen sich 67 Prozent aller Mieter eine Immobilie. Deutschland ist ein Mieterland. Wir haben hier eine Eigentumsquote von unter 50 Prozent. Zum Vergleich: Rumänien mit einer Eigentumsquote von 95 Prozent ist in Europa die Nummer 1. Die bauen einfach. Ziemlich weit vorne liegen noch Italien und Spanien mit 75 Prozent. Wir und die Schweiz sind die Schlusslichter.

Woran liegt das? Weil in Deutschland die Material- und Handwerkerkosten so hoch sind?

BERNDSEN An den hohen Baustandards, an der Art, wie wir zu bauen haben. Wobei wir ja alle in der EU sind und eigentlich gemeinsam festgelegte Klimaziele erreichen sollen. Aber Deutschland ist ja in fast allem Vorreiter. Wir wollen die Vorgaben ganz schnell umsetzen. Ergo: Bauen wird teurer. Wer neu baut, der muss sich eine Photovoltaikanlage aufs Dach setzen. Und die kostet mit allem Drum und Dran schon mal 35.000 bis 40.000 Euro.

Es gibt doch Fördermittel.

BERNDSEN Ja, aber zu wenig. Außerdem benötigt man noch eine Wärmepumpe, die auch zwischen 25.000 und 50.000 Euro kostet. Früher bekam man eine Gasheizung ohne Warmwasserleitung für 5000 Euro, mit Warmwasserleitung für 10.000 Euro. Und dann dürfen wir nicht verkennen, dass die Bodenrichtwerte gestiegen sind. Während der Pandemie wurden wir viele Grundstück und Flächen mit Gebäuden verkauft, weil auch die Zinsen extrem günstig waren. Die Folge war, dass die Bodenrichtwerte hochgegangen sind. Wer heute bauen will, muss damit leben, dass die Richtwerte hoch sind und die Baukosten auch.

Deshalb kann sich aktuell auch kaum jemand leisten, neu zu bauen. Aber es gibt ja noch Immobilien aus zweiter Hand. Die sind doch eine gute Alternative, oder?

BERNDSEN Auch eine Gebrauchtimmobilie zu kaufen, kann sich derzeit kaum jemand leisten. Das hat auch mit der Kreditvergabe der Banken zu tun. Seit dem vierten Quartal 2024 gibt es strengere Vergaberichtlinien für alle Arten von Krediten. Die Banken argumentieren, dass das Kreditrisiko gestiegen sei. Und zwar, weil unter anderem immer mehr Firmen ins Ausland gehen, Standorte schließen. In Wesel haben wir ja das Beispiel des Sanitärprodukte-Herstellers Geberit, der sein Werk Ende 2026 schließt. Über dieses Problem wird nicht offen gesprochen. Es herrscht eine angestrengte Wirtschaftslage. Jobs, die vor drei Jahren noch als sicher galten, sind es jetzt oft nicht mehr. Vor drei Jahren haben neun von zehn Bauwilligen noch einen Kredit bekommen. Das ist vorbei. Selbst wenn ein Paar gut verdient, schätzen die Banken das Risiko hoch ein. Man muss deshalb mehr Eigenkapital mitbringen.

Können Sie das mal an einem ganz konkreten Beispiel erklären?

BERNDSEN Weil, wie gesagt, derzeit kaum jemand neu baut, sind Gebrauchtimmobilien stark nachgefragt. Für ein freistehendes Einfamilienhaus aus den 70er Jahren in vernünftiger Lage muss man schon 400.000 Euro rechnen. Das ist so ein Standardpreis.

Mehr als 50 Jahre alte Häuser müssen aber in aller Regel aufwendig modernisiert werden.

BERNDSEN Genau. Junge Leute unter 30 möchten in aller Regel nicht das Retro-Bad in Orange oder Grün – und auch nicht die braunen Fliesen in der Küche. Die Banken sagen, dass Interessenten 20 bis 30 Prozent des Kaufpreises als Eigenkapital nachweisen müssen. Wir sprechen also von 80.000 bis 120.000 Euro. Das Geld muss man erst mal aufbringen.

Nicht so leicht, zumal man ja auch in aller Regel nicht auf Urlaube, Restaurantbesuche etc. verzichten möchte, nur um ein Haus zu besitzen.

BERNDSEN Genau so ist das. Genau diese Klientel, die vor drei Jahren noch locker eine Finanzierung hinbekommen hat, möchte jetzt eine hochwertige Wohnung mieten. Quadratmeterpreise von 12,50 Euro sind da keine Seltenheit. Denn man muss sich vor Augen halten: Bei einer Kaufsumme von 400.000 Euro mus man schon 6,5 Prozent Grunderwerbssteuer zahlen – macht 26.000 Euro. Am Ende des Tages fragen man sich: Wofür? Klar, der Staat hat eine Steuereinnahmequelle. Wir als Immobilienverband Deutschland haben klare Forderungen an die neue Bundesregierung: Die Abschaffung der Grunderwerbssteuer bei Privatverkäufen.

Um bei Ihrem Beispiel zu bleiben: 400.000 Euro Kaufsumme, 26.000 Euro Grunderwerbssteuer. Jetzt fehlen  noch die Sanierungskosten. Womit muss man da kalkulieren?

BERNDSEN Die Banken sagen: „Schnapp Dir einen Energieberater.“ Der soll Ideen entwickeln, wie man das Haus zeitgemäß und energieeffizient umbaut. Der Berater kostet auch. Da muss man realistisch mit Sanierungskosten in Höhe von 200.000 bis 300.000 Euro rechnen. Alles in allem sind wir jetzt bei gut 700.000 Euro.

Gibt es denn eigentlich ausreichend Kaufobjekte?

BERNDSEN Ja. Aber zu wenig solvente Kunden.

Sehen Sie einen Silberstreif am Horizont, dass sich die Situation wieder verbessert?

BERNDSEN Wir gehen positiv an die Sache, wenn es eine neue Regierung gibt. In den letzten Jahren lag der Fokus der Politik auf den Mieterschutz. Wir gehen davon aus, dass es mit der CDU als stärkster Kraft einen Wechsel gibt und einfach wieder Fördermittel angeboten werden wie beispielsweise das Baukindergeld.

Wenn also neue und auch gebrauchte Häuser derzeit kaum zu finanzieren sind, gibt es dann nicht verstärkt eine Nachfrage nach Eigentumswohnungen?

BERNDSEN In Metropolen wie Düsseldorf und Köln weichen junge Familien, die es  sich leisten können, auf kleinere Eigentumswohnungen aus. Sie sind damit zufrieden. In Wesel ist das anders. Dieser Effekt bleibt aus. Statt sich für 185.000 Euro eine Eigentumswohnung zu kaufen, suchen die jungen Familien oder auch Paare eher eine attraktive Mietwohnung. Und zwar in der Hoffnung, dass sich die aktuelle Lage ändert und sie einfach später ein Haus kaufen oder bauen. Denn sobald die Kinder laufen, wollen sie einen Garten haben und keine Eigentumswohnung nur mit Balkon.

Also sind Mietwohnungen, vor  allem auch hochwertige, besonders gefragt? 

BERNDSEN Bei Mietern und auch bei Kapitalanlegern. Auf eine schöne dreieinhalb Zimmer-Wohnung haben wir zehn bis 15 Anfragen. Gut für den Vermieter, der sich die besten Mieter aussuchen kann. Die CDU, davon bin ich überzeugt, wird sich stark machen für Eigentümer. Da wird sich etwas tun.

Jetzt gibt es aber nicht nur Gutverdiener oder reiche Erben, sondern auch Bürgergeld-Empfänger oder Leute, die vergleichsweise wenig verdienen. Auch die suchen Wohnraum. Gebaut wird aber nichts.

BERNDSEN Ja, in Wesel – beziehungsweise im Kreis Wesel – ist das tatsächlich so. Hier sind nämlich die Fördertöpfe leer. Das sieht beispielsweise in Kommunen wie Recklinghausen, Straelen oder Weeze anders aus. Als Bauträger errichten wird dort mithilfe von Fördermitteln Häuser mit 20 bis 30 Wohneinheiten, die nur Leute mit Wohnberechtigungsschein anmieten können. Ich hoffe, dass es irgendwann auch im Kreis Wesel wieder solche Fördermittel geben wird, denn die Nachfrage auch nach Sozialwohnungen ist riesig. Ich weiß, dass viele in unserer Branche die Bundestagswahl abwarten wollten, bevor sie Entscheidungen treffen. Sobald die neue Regierung an die Arbeit geht, wird sich gewiss etwas ändern. Das hat was mit Psychologie zu tun. Eine neue Regierung und dazu das schöne Wetter werden dafür sorgen, dass sich die Lage auf dem Immobilienmarkt verbessert. Da bin ich mir sicher.

Klaus Nikolei führte das Gespräch

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